Physiotherapeutische Kompetenzen. Was ist das?

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In Deutschland wo sehr vieles im Bereich der Physiotherapie in Grauzonen und unklaren Grenzen abläuft sind diese Kompetenzen leider nicht eindeutig definiert. Der ZVK hat unter anderem einmal 2010 versucht eine Definition zu erstellen – diese ist allerdings schwammig und unbrauchbar.

Im internationalen Standard sieht das gott sei Dank anders aus. Hier findet man die klaren Aufgaben eines Physiotherapeuten wie folgt:

Die Kernkompetenzen eines Physiotherapeuten umfassen die Oberpunkte:

Physiotherapeutisches Handeln

Kommunizieren

Zusammenarbeiten

Wissenschaftlich forschen

Beraten

Organisieren

Professionelles Handeln

Physiotherapeutisches Handeln

Unter diesem Punkt versteht man die Aufgabenbereiche Screening, Physiotherapeutische Diagnostik, Physiotherapeutisches Behandeln sowie das Abschließen der physiotherapeutischen Behandlung

Kommunizieren

Bestandteile hierbei sind Erhalt von Informationen unter Beachtung der Privatsphäre, Informationen bezüglich Zielen und Behandlung mit dem Klienten besprechen, Aufbau wirkungsvoller Behandlungsbeziehungen sowie die Berichterstattung in mündlicher und schriftlicher Form über den Klienten

Zusammenarbeiten

Hierzu gehört die Zusammenarbeit mit Krankenversicherungen, Zusammenarbeit mit staatlichen und sozialen Instanzen oder Fachverbänden,  Zusammenarbeit mit beteiligten professionellen Hilfeleistern sowie die interkollegiale Beratung und Besprechung in regelmässigen Abständen.

Wissenschaftlich forschen

Beitrag zur wissenschaftlichen Forschung, Kenntnisse des Klienten fördern, Kritisches Anwenden wissenschaftlicher Informationen, Ausführen eines persönlichen Entwicklungsplanes

Beraten

Erkennen von Determinanten für Krankheit und Gesundheit, Bei negativen Effekten der Hilfeleistung und Zwischenfällen in der Gesundheitsfürsorge handeln, Fördern von Patienten- und Volksgesundheit, Handeln gemäß relevanter Gesetzgebungen und spezifisch berufsbezogener Regelungen.

Organisieren

Zweckmässige Zusammenarbeit mit professionellen Netzwerken, Planen und Organisieren der eigenen Arbeit in Abstimmung mit Kollegen, Zweckmässig innerhalb der Gesundheitsfürsorge arbeiten.

Professionell Handeln

Stets als professioneller Hilfeleistender gegenüber dem Klienten verhalten, Ausüben des Berufes nach den üblichen Normen, Auf persönlicher und interpersönlicher Ebene angemessen verhalten, Innerhalb interprofessioneller Beziehungen als professioneller Hilfeleistender verhalten.

Anmerkungen

Die beschriebenen Punkte und deren Unterpunkte stellen die Voraussetzung für ein berufliches Selbstverständnis dar und sollen Therapeuten als Orientierungshilfe beim Abstecken der Kompetenzbereiche dienen. Wir sollten uns stets an unseren Kompetenzen orientieren und klar definieren, wann wir nicht mehr zuständig sind und die Hilfe anderer Berufsgruppen benötigen.

Ebenso kann man nicht oft genug die Wichtigkeit von intra-und interprofessionellen Gesprächen hervorheben. Gespräche und gemeinsames Diskutieren mit einem offenen und unvoreingenommenen Verhalten aller Parteien, können der effektivste Weg zu neuen Erkenntnissen und persönlicher Weiterentwicklung sein.

Zusammenkommen ist ein Beginn, Zusammenbleiben ist ein Fortschritt, Zusammenarbeiten ein Erfolg

– Henry Ford-

Wir ertappen uns oft dabei, aufgrund eigener Überzeugungen keine differenzierte Meinung zuzulassen. Will man effektiv zusammenarbeiten ist es Notwendig liebgewonnenes loszulassen und das neue und unbekannte zu Erforschen.

Offen für neues zu sein heisst nicht, seine eigenen Überzeugungen aufzugeben. Wir müssen uns bereitwillig neue Meinungen anhören und sie allerdings kritisch analysieren.

Die physiotherapeutische Diagnose

Zur eigenen Wahrnehmung vieler Physiotherapeuten:

Der Unterschied einer physiotherapeutischen Diagnose und einer ärztlichen Diagnose ist vielen Therapeuten nicht bekannt. Anhand eines Beispiels lässt sich dies verdeutlichen.

Epicondylitis radialis humeri. Ist dies das Ergebnis unserer Untersuchung als Physiotherapeut, müssen wir uns darüber im klaren sein, dass wir keine Ärzte sind und auch nicht als solche fungieren dürfen. Es ist uns untersagt, Diagnosen zu stellen. Es macht darüberhinaus in fast allen Fällen keinen Sinn solche Begriffe im Gespräch mit dem Patienten und in Übergabegesprächen mit Kollegen zu verwenden.

Denken Sie doch mal über den Informationsgehalt dieser Diagnose nach. Wissen Sie welches konkrete Problem dieser Patient hat? Wissen Sie was er gut kann und was er momentan nicht kann? Auf welches Ziel arbeiten Sie mit ihm hin?

Radialer Schmerz der max. Stärke NRS 6 am linken Ellenbogen, der seit 7 Wochen bei Flexion des Ellenbogens auftritt. Der Schmerz tritt belastungsabhängig auf und ist nachts nicht vorhanden. Er erschwert allerdings Überkopfarbeit und tritt parallel zu Halswirbelsäulenschmerzen bei Rotation des Kopfes nach links auf.

Dies ist ein Beispiel für eine Physiotherapeutische Diagnose und enthält sehr viel mehr relevante Informationen über das momentane Problem eines Patienten. Aus dieser Beschreibung ist eine sofortige Behandlungsplanung ableitbar und Meßparameter für ein weiteres Vorgehen ebenfalls. Aus der eingangs erwähnten Formulierung “Epicondylitis” ist dies nicht möglich.

Viele Konzepte wie die verschiedenen Arten von Manuellen Therapie – Fortbildungen versuchen als Ergebnis einer körperlichen Untersuchung eine genaue Diagnose zu stellen.

Als Physiotherapeuten arbeiten wir mit 2 konkret zu beeinflussenden Faktoren:

FUNKTION

AKTIVITÄT

Das sind ebenso die Faktoren warum uns Patienten aufsuchen. Sie haben Probleme mit Funktion und Aktivität.

Alle anderen Faktoren können wir mit konservativer Therapie nicht beeinflussen. Viele werden jetzt an Formulierungen denken wie “Mein Ziel ist Schmerzlinderung”. Können wir Schmerz beeinflussen? Ja, aber es ist etwas komplexer…

Vielen Dank fürs Lesen! Ich freue mich auf Euere Kommentare!

– Thomas Nickl –

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