Der französische Philosoph Jean-Jacques Rousseau betonte die Wichtigkeit des Gehens für das Nachdenken und die Kontemplation. In seiner „Reveries of a Solitary Walker“ benutzte er das Gehen als eine Zeit für Reflexion und geistige Freiheit.

Gehen ist eine fein abgestimmte Kombination von Muskelaktivität, Gleichgewicht und Koordination, und wie wir gehen kann erhebliche Auswirkungen auf unsere gesamte körperliche Funktion haben (1).

Ein Aspekt des Gehens, der oft missverstanden wird, ist der des Vorfusslaufens, bei dem der Vorderfuß zuerst auf den Boden trifft. Während dies unter bestimmten Umständen vorteilhaft sein kann, ist es bei alltäglichen Gehaktivitäten oder dem Joggen nicht die effizienteste Methode (2). Tatsächlich kann der übermäßige Druck und die Belastung des Vorderfußes eine Reihe von Problemen verursachen, einschließlich Kniebeschwerden, Metatarsalgie, Plantarfasziitis und Achillessehnenentzündung (3). Einzig beim Sprinten stellt die Vorfußlauftechnik eine wichtige Komponente in der Beschleunigungsphase dar.

Die Rolle der Wirbelsäule darf dabei nicht übersehen werden. Sie fungiert als zentrale Achse des Körpers und ermöglicht die Übertragung von Kräften und Bewegungen (4). Ein korrekter Schuh, der die natürliche Bewegung des Fußes unterstützt und nicht einschränkt, ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung (5).

Trotzdem müssen wir auch erkennen, dass individuelle Faktoren eine Rolle spielen. Jeder Mensch hat eine einzigartige Körperstruktur, Gangart und Bewegungsgewohnheiten, und was für eine Person funktioniert, funktioniert möglicherweise nicht für eine andere. Daher ist es wichtig, dass wir unsere eigenen individuellen Bedürfnisse berücksichtigen und nicht nur allgemeine Ratschläge befolgen.

Ein gutes Beispiel dafür ist die Verwendung von orthopädischen Einlagen. Sie können hilfreich sein, um bestimmte Probleme vorübergehend zu lindern oder unterstützend zu fungieren, aber sie sind sehr oft nicht die Lösung für muskuloskelettale Probleme. Sie können Symptome manchmal lindern, adressieren aber oft nicht die zugrunde liegenden Ursachen, wie z.B. muskuläre Dysbalancen oder Fehlhaltungen (6) und können sogar neue Probleme mit sich bringen.

Wir müssen auch daran denken, dass, wie Aristoteles es ausdrückte, „das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile“. Im Hinblick auf das Gehen bedeutet dies, dass wir nicht nur einzelne Aspekte wie den Fuß, das Knie oder die Wirbelsäule betrachten sollten, sondern den Körper als ein zusammenhängendes System.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt des Gehens sind die intrinsischen Bewegungen der Fußwurzelknochen während des Abrollvorgangs. Diese Knochen – darunter das Os naviculare, Os cuneiforme und das Os cuboideum – spielen eine entscheidende Rolle in der mechanischen Funktion des Fußes (7).

Beim Abrollvorgang werden die Bewegungen dieser Knochen genutzt, um die Kraftübertragung von der Ferse zur Vorderseite des Fußes zu erleichtern und die Stoßbelastung zu absorbieren. Bei der Aufsetzphase des Gehens, wenn der Fuß den Boden berührt, wird das Fußgewölbe durch die kontrollierte Pronation abgeflacht, um die Kraft des Aufpralls abzufedern (8).

In der Mitte des Gangzyklus, während der Stützphase, bewegen sich die Knochen der Fußwurzel wieder in ihre Ausgangsposition zurück, um das Fußgewölbe wiederherzustellen und den Fuß für die Abdruckphase zu stabilisieren. Diese fein abgestimmten Bewegungen ermöglichen eine effiziente Fortbewegung und sind entscheidend für die Gesundheit und Funktion des Fußes (9).

Propriozeptive Einlagen

Die Verwendung von propriozeptiven Einlagen ist in der Gesundheits- und Fitnessbranche weit verbreitet. Diese Einlagen sollen durch Stimulation der Fußsohlenrezeptoren die propriozeptive Wahrnehmung, also die Eigenwahrnehmung des Körpers im Raum, verbessern. In der Theorie könnte dies zu verbesserten Bewegungsmustern und einer reduzierten Verletzungsgefahr führen.

Allerdings ist diese Theorie nicht ohne Kontroverse. Die wissenschaftliche Literatur zu propriozeptiven Einlagen ist gemischt und es gibt einige Studien, die keinen signifikanten Nutzen im Vergleich zu herkömmlichen Einlagen feststellen konnten (10). Einige Forscher argumentieren, dass während propriozeptive Einlagen die Fußsohlenstimulation erhöhen können, dies nicht notwendigerweise zu verbesserten funktionellen Ergebnissen führt (11).

Darüber hinaus besteht die Sorge, dass diese Einlagen die natürlichen Bewegungen des Fußes stören und zu einer Überkorrektur führen könnten, was letztlich zu anderen muskuloskelettalen Problemen führen kann (12). Daher ist es wichtig, einen kritischen Blick auf die Verwendung propriozeptiver Einlagen zu werfen und zu verstehen, dass sie, wie alle Hilfsmittel, ihre Vor- und Nachteile haben und dass ihre Anwendung individuell angepasst werden sollte.

Insgesamt ist die Biomechanik des Gehens ein komplexes Feld, das individuelle Berücksichtigung und einen ganzheitlichen Ansatz erfordert, um effiziente Bewegungsmuster zu fördern und die Gesundheit zu erhalten.

Quellen:

(1) Perry, J. (1992). Gait analysis: normal and pathological function. Journal of Pediatric Orthopaedics, 12(6), 815.

(2) Neumann, D. A. (2010). Kinesiology of the musculoskeletal system: foundations for rehabilitation. Mosby Elsevier.

(3) Daoud, A. I., Geissler, G. J., Wang, F., Saretsky, J., Daoud, Y. A., & Lieberman, D. E. (2012). Foot strike and injury rates in endurance runners: a retrospective study. Medicine and science in sports and exercise, 44(7), 1325-1334.

(4) Ivanenko, Y. P., Poppele, R. E., & Lacquaniti, F. (2004). Five basic muscle activation patterns account for muscle activity during human locomotion. The Journal of physiology, 556(1), 267-282.

(5) Ryan, M. B., Valiant, G. A., McDonald, K., & Taunton, J. E. (2011). The effect of three different levels of footwear stability on pain outcomes in women runners: a randomised control trial. British Journal of Sports Medicine, 45(9), 715-721.

(6) Chuter, V. (2010). Efficacy of foot orthoses for the treatment of plantar heel pain: a review of the literature. Journal of the American Podiatric Medical Association, 100(3), 235-241.

(7) Sarrafian, S. K. (1993). Biomechanics of the subtalar joint complex. Clinical orthopaedics and related research, 290, 17-26.

(8) Nester, C., Jones, R. K., Liu, A., Howard, D., Lundberg, A., Arndt, A., Lundgren, P., Stacoff, A., & Wolf, P. (2007). Foot kinematics during walking measured using bone and surface mounted markers. Journal of biomechanics, 40(15), 3412-3423.

(9) Reeser, L. A., Susman, R. L., & Stern, J. T. (1983). Electromyographic studies of the human foot: experimental approaches to hominoid evolutionary studies. American Journal of Physical Anthropology, 60(3), 279-297.

(10) Clark, R. A., Bryant, A. L., & Pua, Y. (2008). The validity and reliability of a novel activity monitor as a measure of walking. British Journal of Sports Medicine, 42(9), 779-784.

(11) Robbins, S., Waked, E., & Rappel, R. (1995). Ankle taping improves proprioception before and after exercise in young men. British Journal of Sports Medicine, 29(4), 242-247.

(12) Eils, E., & Rosenbaum, D. (2001). A multi-station proprioceptive exercise program in patients with ankle instability. Medicine and Science in Sports and Exercise, 33(12), 1991-1998.

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